Tag der Pflege: Pflegereform nötiger denn je - Unterversorgung in der Langzeitpflege bereits akut spürbar.
- Pressemitteilung
Unterversorgung in der Langzeitpflege und dringenden Handlungsbedarf sieht Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser: „Das System an Angeboten ist wie ein Puzzle, bei dem ständig Puzzleteile fehlen. Angehörige und Pflegepersonen müssen andauernd Teile suchen und zusammenbasteln, damit nicht alles auseinanderfällt. Die immer wieder auftretende Unterversorgung wirkt sich negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Menschen mit Pflegebedarf aus, und sie verursacht Folgekosten für die Volkswirtschaft.“
Im Programm der Bundesregierung sieht die Diakonie einige passende Überschriften, aber „ein Wille zu mutigen, entschlossenen Reformschritten ist nicht herauszulesen,“ so Moser zum Tag der Pflege am 12. Mai.
Dass die Versorgungsbereiche – Krankenhaus, Hauskrankenpflege, Rehabilitation, mobile Pflege, Tagesbetreuung etc. - als getrennte Systeme nebeneinanderstehen, statt ineinander zu greifen, hält die Diakonie für eines der größten Hindernisse bei einer echten Reform in der Pflege. „Wo zwischen den Bereichen im Puzzle Teile fehlen, drohen Überforderung oder Unterversorgung,“ warnt Moser. „Wir brauchen ein Pflege- und Betreuungssystem, das verbindet, statt zu trennen.“
Im Pflegepuzzle fehlt Sicherheit
„Die Betroffenen und Angehörigen wissen oft gar nicht, welche Leistungen es überhaupt gibt", kritisiert die Diakonie. Erfolgreiche Projekte wie z.B. die lokale Begleitung durch Community Nurses würden zu rasch wieder eingestellt. „Und dass man am Telefon Tipps bekommt, das reicht zu Beginn einer Pflegesituation oder in Krisen einfach nicht aus“, so Moser. „Hier braucht es Stabilität und Sicherheit durch direkten Kontakt.“ Dass diese „Sicherheit im System“, die die Community Nurses herstellen konnten, Kosten spart, das hat eine Auswertung des Diakoniewerks mit der FH Campus Wien belegt. Die Weiterführung ist in allen neun Bundesländern äußerst unterschiedlich gestaltet. Andere aufsuchende Leistungen wie ein Demenzcoaching werden nur punktuell und bei weitem nicht ausreichend finanziert.
Präventiv, digital, ambulant, stationär – vier Bereiche im selben Puzzle
„Es geht primär darum, für jede Person das passende Angebote zu haben: Prävention, digitale Angebote, mobile oder stationäre Versorgung - in einem Puzzle sind alle Teile wichtig und gleichwertig“, so Moser. Konkret vermisst die Diakonie rasche und konsequente Schritte zur Prävention, etwa durch genug Zeit und Angebote für den Erhalt der Selbständigkeit. Für digitale Maßnahmen fordert die Diakonie einen Transformationspfad und Anschubfinanzierungen.
Den raschen Ausbau der ambulanten Angebote sieht die Diakonie als zentralen Baustein, um Angehörige zu entlasten und die Unterversorgung abzufedern. „Geldleistungen für informell Pflegende sind wichtig, weil Pflege viel zu oft in die Armut führt,“ erläutert Moser. „Aber wenn man sich damit keine Puzzleteile für die Pflegesituation zukaufen kann, verpufft die Wirkung.“
Die Folgen sind oft Rückzug von (vor allem) Frauen aus dem Arbeitsmarkt oder der unerwünschte Schritt Richtung Pflegeheim. „Die Menschen brauchen Vielfalt, Leistbarkeit und Flexibilität“, so Moser. So fordert die Diakonie etwa gesicherten Transport in Tagesbetreuungen, ausreichende Angebote in der Alltagsbegleitung oder professionelle Koordination von Nachbarschaftsdiensten.
Dass im Regierungsprogramm zur stationären Pflege nur Kontrolle, aber keine konstruktiven Maßnahmen enthalten sind, ist für die Diakonie ein fatales Signal.
„Rund 20% der Pflegebedürftigen Menschen brauchen einen Platz im Pflegeheim, weil sie mit sehr starken Einschränkungen leben. Wir dürfen sie nicht vergessen“, mahnt Moser, „sondern müssen auch für sie die beste mögliche Versorgung sichern.“ Dazu zählen für die Diakonie hochwertige Ausbildung des Personals in Bezug auf Demenz, Schmerz und Palliative Care, aber auch Teilhabe durch die Öffnung in den Sozialraum.
„Pflege ist eine herausfordernde Aufgabe für die Menschen und für die Gesellschaft,“ so Moser abschließend. „Wir dürfen aber nicht aus Einsparungsgründen den Kopf in den Sand stecken, sondern mit aller Kraft an einem zukunftsfitten System arbeiten.“